Beim MDR1-Defekt (MDR = Multi Drug Resistance) handelt es sich um eine Störung in der Synthese des MDR1-Proteins (P-Glycoprotein) bei einigen Hunderassen. Dieses Protein spielt bei der Entgiftung
des Körpers, z:B. dem Abtransport von Medikamenten, eine Rolle und ist im Gehirn, in Leber, Nieren, Darm, Plazenta und Hoden zu finden.
An der Grenze zwischen Blutgefäßen und dem Nervengewebe stellt der MDR1-Transporter in den Endothelzellen (kleiden die Innenwände Blutgefäße aus) der Gehirnkapillaren an der sog. Blut-Hirn- Schranke
eine Schutzbarriere für das Gehirn dar. Ein aus dem Blut in die Endothelzelle eingedrungener Fremdstoff (z.B. Ivermectin) wird vom MDR1-Transporter erkannt und durch die Endothelzellmembran zurück in
das Blut transportiert. Durch diesen aktiven Transport wird der Übertritt von Fremdstoffen in das umgebende Nervengewebe blockiert. Der genetische Defekt im Gen für das MDR1-Protein führt dazu, dass
kein intakter Transporter gebildet wird, so dass Substanzen, wie z.B. das Antiparasitikum Ivermectin, ungehindert ins Nervengewebe übergehen und neurotoxische Schäden verursachen. So kann es bei
einer Vielzahl von Arzneistoffen zu einer regelrechten Überschwemmung des Organismus mit der entsprechenden Substanz kommen.
Die Erkrankung wird autosomal rezessiv vererbt, so dass mischerbige Tiere, also Anlageträger die nur eine Kopie des Defektgens tragen, nicht erkranken und gesund sind. Das Risiko besteht darin, dass
Anlageträger das Defektgen an die Nachkommen weitervererben können und bei Anpaarung von zwei Anlageträgern betroffene Nachkommen geboren werden können.
Rassen, in denen bislang der MDR1-Defekt nachgewiesen wurde:
Collie (Kurzhaar- und Langhaar Collies)
Border Collie
Shetland Sheepdog
Australian Shepherd
English Shepherd
Longhaired Whippet
Old English Sheepdog (Bobtail)
Silken Windhound
McNab-Hütehund
Wäller
Weißer Schweizer Schäferhund
Symptome
In Abhängigkeit von der Medikamentendosierung und Körpergewicht treten Störungen wie Bewegungs- und Koordinationsstörungen, Zittern, Atembeschwerden, Benommenheit, Erbrechen, Desorientiertheit,
fehlender Pupillarreflex und vermehrter Speichelfluss auf bis hin zu komatösen Zuständen und dem Tod des Tieres.
Die Symptome treten 6 - 24 Stunden nach Applikation auf und entwickeln sich über mehrere Tage. Im allgemeinen gilt, je schneller die Toxizitätssymptome nach oraler Gabe auftreten, desto schwerer ist
der Verlauf der Intoxikation.
Ursache
Die Ursache dieser Erkrankung liegt in einem Verlust von 4 Basen (Bausteine der DNA) innerhalb des MDR1-Gens. Diese Mutation (nt230del4) führt zu einem vorzeitigen Abbruch der Proteinsynthese, so dass kein funktionsfähiges Transportprotein gebildet werden kann.
Folgende Genotypen sind möglich:
N/N Das Tier trägt nicht die MDR-verursachende Mutation. Es ist reinerbig für die Normalkopie
des Gens. Es wird als N/N (normal = clear) bezeichnet und wird nicht erkranken.
N/MDR Tiere, die in nur einer Genkopie die Mutation tragen, werden als N/MDR (Anlageträger = carrier) bezeichnet. Sie sind mischerbige Träger der Mutation und erkranken nicht. Sie können aber die MDR-Anlage mit 50%iger Wahrscheinlichkeit weitervererben.
Befundbericht als MDR/MDR (betroffen = affected) bezeichnet. Sie sind reinerbige Träger der Mutation und erkranken an MDR. Sie vererben die MDR-Anlage mit 100%iger Wahrscheinlichkeit and die Nachkommen.
Die Zucht
Für die Zucht ist entscheidend, dass Anlageträger (tragen ein mutiertes Gen und ein normales Gen) zwar selbst nicht erkranken, die MDR1-Erbanlage aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% an ihre
Nachkommen weitergeben. Bei der Verpaarung von zwei Anlageträgern besteht also die Gefahr, dass ein Teil der Nachkommen von der Erkrankung betroffen ist. Anlageträger müssen aber nicht
automatisch aus der Zucht ausgeschlossen werden. Verpaart man diese mit einem N/N Tier (trägt zwei normale Genkopien), können die Nachkommen nur aus nicht betroffenen N/N-Tieren und nicht
erkrankenden Anlageträgern (N/MDR) bestehen.
Für den Züchter ist das frühzeitige Wissen um die genetische Veranlagung seiner Tiere von besonderer Bedeutung. Der Gentest gibt eine eindeutige Auskunft über das Vorliegen der genannten Mutation.
Der Züchter kann so unter Berücksichtigung der Information über die genetische Veranlagung mögliche Anpaarungen genau planen.
Kreuzungsschema:
Elterntier 2 | ||||
MDR1(+/+) = normal | MDR1(+/-) = Anlageträger | MDR1(+/-) = Anlageträger | ||
Elterntier 1 | MDR1(+/+) = normal | 100 % normal |
50% normal 50% Anlageträger |
100% Anlageträger |
MDR1(+/-) = Anlageträger |
50% normal 50% Anlageträger |
25% normal 50% Anlageträger 25% betroffen |
50% Anlageträger 50% betroffen |
|
MDR1(-/-) = betroffen | 100% Anlageträger |
50% Anlageträger 50% betroffen |
100% betroffen |
Medikamente im Zusammenhang mit betroffenen MDR1 (-/-) Hunden
(Quelle: Universität Gießen)
Kategorie 1
Sollten nicht
angewendet werden
Ivermectin-Präparate: (Diapec®, Ecomectin®, Equimax®,
Eqvalan, Ivomec®, Noromectin®, Paramectin®, Qualimec®,
Sumex®, Virbamec®)
Doramectin-Präparate: (Dectomax®)
Moxidectin-Präparate: (Cydectin®, Equest®)
Loperamid-Präparat: (Imodium®,)
Kategorie 2
Anwendung nur mit
gründlicher Nutzen-
Risiko-Abwägung
Zytostatika: (Vinblastin, Doxorubicin, Paclitaxel, Docetaxel,
Methotrexat, u.a.)
Immunsuppressiva: (Cyclosporin A)
Herzglykoside: (Digoxin, Methyldigoxin, u.a.)
Opioide (Morphin, Fentanyl)
Antiarrhythmika (Verapamil, Diltiazem, Chinidin)
Antiemetika (Ondansetron, Domperidon)
Kategorie 3
können angewendet
werden
Stronghold®, (Wirkstoff Selamectin)
Milbemax® (Wikstoffe Milbemycinoxim, Praziquantel)
Advocate® (Wirkstoffe Moxidecin, Imidacloprid)
Quelle: www.biofocus.de